Julian Schmidt
* 07.03.1818 in Marienwerder; ✝ 27.03.1886 in Berlin
Gelehrter, Journalist
Kurzbiographie
Schmidt studierte Geschichte und Philologie in Königsberg. Nach seinem Abschluss 1840 trat er dort in den Schuldienst ein, wechselte allerdings bereits ein Jahr später an die Luisenstädtische Realschule in Berlin. 1847 zog er nach Leipzig und widmete sich fortan ganz seinen journalistischen und literaturkritischen Arbeiten. 1848 übernahm er zusammen mit Gustav Freytag die Redaktion der Leipziger Zeitung Die Grenzboten, welche sich während seiner Leitung zum Organ des gemäßigten Liberalismus und des literarischen Realismus entwickelten. In späteren Jahren arbeitete Schmidt bei der Berliner Allgemeinen Zeitung, ehe er schließlich mit einem Ehrengehalt Wilhelms I. in den Ruhestand gehen konnte.
Einen Name machte sich Julian Schmidt vor allem mit seinen literaturgeschichtlichen Arbeiten, besonders die Geschichte der deutschen Nationalliteratur im 19. Jahrhundert (1853) erreichte mehrere Auflagen. In seinen wertenden Betrachtungen urteilte Schmidt stets mit dem Maß des Realismus, die künstlerische Welterfassung erhält den Vorrang vor dem Selbstausdruck des Künstlers. Ablehnend äußerte er sich über die Literatur der Romantik und des Vormärz.
Seinen literarischen Vorlieben entsprechend verehrte er Shakespeare als großen realistischen und protestantischen Dichter. Ihm widmete er ein eigenes, mit „Der Protestantismus in der Poesie“ überschriebenes Kaptitel in seiner Geschichte der Romantik (1848) und die „Fragmente über Shakespeare“ (1873) sehen im Dramatiker gar den „Repräsentanten des germanisch-protestantischen Geistes“ (S. 74). Der Einfluss Schmidts auf das deutsche Literaturverständnis und Bildungsbürgertum wird auch heute noch kontrovers diskutiert.
Abhandlungen
- „Der Protestantismus in der Poesie. Shakespeare“. In: ders.: Geschichte der Romantik in dem Zeitalter der Revolution und Restauration. Leipzig, 1848. S. 69-133.
- „Fragmente über Shakespeare“. In: ders.: Bilder aus dem geistigen Leben unsrer Zeit. 4 Bde. Leipzig, 1870-1874. Band 3. S. 1-75.
Literatur
Primärliteratur
- Geschichte der deutschen Nationallitteratur. 2 Bde. Leipzig, 1853.
- Übersicht der englischen Litteratur im 19. Jahrhundert. Sondershausen, 1859.
- Geschichte des geistigen Lebens in Deutschland von Leibniz bis auf Lessings Tod, 1681-1781. 2 Bde. Leipzig, 1861-1863.
Sekundärliteratur
- Bernd, Clifford A.: „Politik, Religion und Ästhetik in der deutschsprachigen Welt des 19. Jahrhunderts. Zum literaturkritischen Programm Julian Schmidts“. In: Peter Hesselmann et al. (Hrsg.): „Das Schöne soll sein“: Aisthesis in der deutschen Literatur. Bielefeld, 2001. S. 295-306.
- Köster, Alex: Julian Schmidt als literarischer Kritiker. Ein Beitrag zur Entwicklung des Realismus im 19. Jahrhundert und zur Geschichte der Kritik. Münster, 1993 (Diss.).
- Lassalle, Ferdinand: Herr Julian Schmidt, der Literaturhistoriker. Berlin, 1862.
- Paulin, Roger: „`Shakespeares allmähliches Bekanntwerden in Deutschland´. Aspekte der Institutionalisierung Shakespeares 1840-1875“. In: Martin Huber et al. (Hrsg.): Bildung und Konfession. Politik, Religion und literarische Identitätsbildung 1850-1918. Tübingen, 1996. S. 9-20.
- Peschken, Bernd: Versuch einer germanistischen Ideologiekritik. Goethe, Lessing, Novalis, Tieck, Hölderlin, Heine in Wilhelm Diltheys und Julian Schmdts Vorstellungen. Stuttgart, 1972.
- Susteck, Sebastian: „Schmidt, Heinrich Julian Aurel“. In: Neue Deutsche Biographie, 23 (2007). S. 198-199 [Onlinefassung]. Url: www.deutsche-biographie.de/pnd11875968X.html.
- Thormann, Michael: „Der programmatische Realismus der Grenzboten im Kontext liberaler Politik, Philosophie und Geschichtsschreibung“, Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur, 18 (1993). S. 37-68.
Albumseiten mit dieser Person
Zitier- und Lizenzhinweis
Schmidt, Julian, in: Das Digitale Shakespeare Memorial Album. Herausgegeben von Christa Jansohn. URI: http://www.shakespearealbum.de/uri/gnd/11875968X. (Zugriff am 20.09.2024)
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